Safewards – Sichere Station
Safewards in der LVR-Universitätsklinik Essen
2017 hat die LVR-Universitätsklinik Essen mit der Einführung des Safewards-Modells begonnen. Mittlerweile wenden sechs unserer Stationen das Safewards-Modell aktiv an oder führen es aktuell ein.
Das Safewards-Modell ist eine komplexe Intervention, die Konflikte, Gewalt und Zwangsmaßnahmen vermeiden soll. Gleichzeitg hilft das Modell, eine angenehme Atmosphäre auf den Stationen zu schaffen.
Ein Team um den emeritierten Professor Len Bowers am King’s College in London hat das Safewards-Modell entwickelt. Das Team hat mehr als 1000 Studien ausgewertet und mögliche Faktoren identifiziert, die Konflikte in psychiatrischen Einrichtungen hervorrufen können.
Ursprungsfaktoren der Konfliktentstehung
Sechs Ursprungsfaktoren der Konfliktentstehung haben in vielerlei Art und Weise Einfluss auf das Klima auf psychiatrischen Stationen:
1. Das Stationsteam oder interne Strukturen:
etwa Stationsregeln oder Mitarbeitende, die stärker darauf achten, dass die Regeln eingehalten werden und nicht individuell auf die Patientinnen und Patienten eingehen.
2. Räumliche Umgebung:
die Station ist nicht schön und freundlich. Es gibt z.B. nicht beseitigte Schäden am Inventar oder es gibt zu wenig Platz.
3. Krankenhausexterne Faktoren:
negative Ereignisse, die von außen auf die Patientinnen und Patienten wirken, z.B. Trennungen oder Wohnungsverlust.
4. Gruppe der Patientinnen und Patienten:
wenn sich die Patientinnen und Patienten untereinander nicht gut verstehen.
5. Eigenschaften der Patientinnen und Patienten:
Persönlichkeit der Patientinnen und Patienten sowie Symptome ihrer Erkrankungen
6. Regulatorische Bedingungen:
z.B. Einweisung nach dem PsychKG (Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten) oder Betreuungsrecht.
Interventionen des Safewards-Modells
Wenn sich das Stationsteam den Herausforderungen bewusst ist, können Konflikte, Aggressionen und Eindämmungsmaßnahmen reduziert werden. Hierfür wurden zehn Interventionen entwickelt, um psychiatrische Stationen sicherer zu machen:
1. Gegenseitige Erwartungen klären:
- Patientinnen und Patienten einigen sich mit den Pflegenden auf gemeinsame Umgangsformen, sprechen über die Erwartungen des Personals und der Patientinnen und Patienten. Sie verfassen gemeinsam eine Liste mit den gegenseitigen Erwartungen, die für alle zugänglich ausgehängt wird. (Beispielbild)
2. Verständnisvolle Kommunikation:
- Respektvolle und höfliche Gesprächsführung auf beiden Seiten fördern, Patientinnen und Patienten zuhören und entnehmen, auf Augenhöhe kommunizieren.
3. Deeskalierende Gesprächsführung:
- Ruhige und bestimmte Kommunikation in entspannter Körperhaltung, eigene emotionale Reaktionen unter Kontrolle haben, die Situation absichern, herausfinden, was das Problem ist und eine Lösung anbieten.
4. Positive Kommunikation:
- Bei den Übergaben von einer Schicht auf die andere innerhalb des Stationsteams etwas Positives über jede/n Patient/Patientin sagen. Wenn problematisches Verhalten besprochen werden muss, dann eine mögliche psychologische Erklärung finden. Das fördert die Wertschätzung für die Patientinnen und Patienten und verringert neue Konflikte.
5. Unterstützung bei unerfreulichen Nachrichten:
- Schlechte Nachrichten für die Patientinnen und Patienten, die von außen kommen oder die Behandlung betreffen, schonend übermitteln und ein entlastendes Gespräch anbieten.
6. Gegenseitiges Kennenlernen:
- Von den Patientinnen und Patienten wissen wir meist sehr viel. Die Patientinnen und Patienten sollen auch etwas über das Behandlungsteam erfahren, um vielleicht über andere Themen als die Erkrankung in ein Gespräch zu finden. Die Mitglieder der Behandlungsteams im LVR-Klinikum Essen erstellen Streckbriefe mit unverfänglichen Informationen (z.B. Arbeitsjahre in der Psychiatrie, Lieblingsessen oder Lieblingsfilm) und hängen diese auf ihren Stationen aus. Die Patientinnen und Patienten werden gebeten, ebenfalls Steckbriefe auszufüllen, die dann für das Behandlungsteam im Pflegebüro aufbewahrt werden.
7. Gemeinsame Unterstützerkonferenz:
- Gemeinsame und regelmäßige Sitzung, an der die Patientinnen und Patienten und das Behandlungsteam teilnehmen. Die Sitzung besteht aus vier Runden: In der Danksagungsrunde können sich die Teilnehmenden bei jemanden bedanken, der etwas für sie getan hat. In der Nachrichtenrunde berichten die Mitarbeitenden über Vorfälle oder Dinge, die nicht so angenehm waren und erklären, was an diesem und in den nächsten Tagen ansteht. In der Vorschlagsrunde können alle Teilnehmende Vorschläge machen, wie man in den nächsten Tagen gut miteinander auskommen kann. In der Wünsche- und Angebotsrunde können die Teilnehmenden Wünsche äußern und Angebote machen, diese Wünsche zu erfüllen oder anderweitig zu helfen. Zum Abschluss können alle Teilnehmenden überlegen, wie sie Patientinnen und Patienten helfen könnten, die nicht in der Lage waren an der Unterstützungskonferenz teilzunehmen.
8. Methoden zur Beruhigung:
- Wenn Patientinnen und Patienten angespannt sind, Instrumente zur Beruhigung anbieten, z.B. ein Massageball, ein Kartenspiel oder Musik. Um solche Dinge immer parat zu haben, bietet es sich an, eine Entspannungsbox zu füllen.
9. Sicherheit geben:
- Nach beunruhigenden Situationen auf der Station, z.B. Streitigkeiten, die Situation und die Ursachen dafür mit den Patientinnen und Patienten einzeln oder in der Gruppe besprechen, um ihnen wieder ein sichereres Gefühl zu geben und weitere unangenehme Vorfälle zu vermeiden.
10. Entlass-Nachricht:
- Am Tag ihrer Entlassung bittet das Behandlungsteam die Patientinnen und Patienten, eine Nachricht für neue Patientinnen und Patienten zu hinterlassen. Die Nachrichten werden gut sichtbar auf der Station aufgehängt. Diese Nachrichten sollen anderen Patientinnen und Patienten ein realistisches Bild von der Behandlung geben, Mut und Hoffnung machen.
Baum der Hoffnung
Liebe Angehörige und Freund*innen,
Sie begleiten und unterstützen einen Ihnen nahestehenden Menschen, der inunserem Krankenhaus behandelt wird.
Unser Baum der Hoffnung soll Ihnen Kraft geben, damit Sie Ihrem*r Partner*in,Ihrem*r Freund*in oder Ihrem*r nahen Verwandten zur Seite stehen können. Denn das ist auch für Sie nicht immer leicht. Sie sind aber nicht allein. Angehörige oder Freund*innen unserer Patient*innen haben hoffnungsvolle Botschaften für Sie hinterlassen.Wir freuen uns, wenn Sie für die nächsten Angehörigen ebenfalls eine Nachricht schreiben. Ihre Mitarbeitenden der LVR-Universitätsklinik Essen.
Sie finden den Baum der Hoffnung sowie Blätter und Stifte im Erdgeschoss an der Virchowstraße 174.
Weiterführende Informationen
Weiterführende Informationen zu den Interventionen, zur Evaluation und Implementierungsstrategie finden Sie online auf der Website von Safewards